Unsere Rendite ist das Gemeinwohl

Gemeinwohlorientierte Immobilienprojekte wirken im Stadtteil. Chancen und Zugänge werden gerechter verteilt. Die Wirkungen sind vielfältig: Räume stehen zur Nutzung bereit, Menschen engagieren sich und jährliche Überschüsse werden als Gemeinwohlrendite im Stadtteil genutzt. 

Ziel ist es, dass die Projekte sich wirtschaftlich selbst tragen. Das bedeutet: Laufende Kosten wie Gehälter von Hausmeister*in, Geschäftsführung und Hausverwaltung sowie Instandhaltung werden aus Mieteinnahmen gedeckt. Die Projektgesellschaft betreibt die Immobilie langfristig im Sinne einer gemeinwohlorientierten Vermietung selbstständig.

Mit Gemeinwohlrendite werden

  • Räume für nachbarschaftliche Begegnung finanziert,
  • Betriebskosten für Gemeinwohlflächen gedeckt,
  • die Einstellung von Personal zur Koordination ehrenamtlicher Aktivitäten ermöglicht und
  • notwendige Anschaffungen für gemeinnützige Aktionen unterstützt.

Diese Wirkungen bestehen über die gesamte Nutzungsdauer der Orte fort – das sind mehrere Jahrzehnte!

Ein Sommerfest vor einem Backsteintor mit einem Tischkicker
Fröhliche Menschen spielen gemeinsam drinnen Gitarre
Eine Holzüberdachung auf einer Wiese mit Menschen

Überschüsse wirksam für das Gemeinwohl verwenden

Spätestens, wenn das gemeinwohlorientierte Immobilienprojekt komplett im Betrieb ist, wirkt es für uns in vier Bereichen für mehr Gemeinwohl im Stadtteil:

 

1. Gemeinwohlflächen
  • Nach dem Umbau sind – neben den an Unternehmen, Institutionen und Wohnmieter*innen vermieteten Flächen – weitere Flächen umgebaut und ausgebaut. Diese Flächen wurden gemeinsam entwickelt zu Räumen, in denen Aktivitäten stattfinden, die den Bedürfnissen der Nachbarschaft entsprechen. Diese Flächen nennen wir Gemeinwohlflächen, da dies am ehesten ihrer Nutzung entspricht.
  • Die ersten Ideen für die Aktivitäten entstehen also meist bereits Jahre vorher – und werden auch häufig schon vor Ende der Bauarbeiten gestartet.
  • Gemeinwohlflächen können Innen- oder Außenflächen sein oder eine Kombination aus beidem.
  • Es können Küchen- und Gasträume oder Seminarräume sein, aber auch eine große Halle, eine Werkstatt, ein Garten mit Hochbeeten oder eine Sitzgruppe in einem Park.
  • Eine Gemeinwohlfläche kann mehrere Funktionen erfüllen – zum Teil finden vielleicht auch Aktivitäten gleichzeitig statt.
  • Rückzugsräume sollten in der Planung mitbedacht werden.
  • Uns ist es ein Anliegen, dass Gemeinwohlflächen Orte sind, die die Menschen aus der Nachbarschaft gemeinschaftlich gestalten und prägen. Hier sollen sich möglichst alle, so wie sie sind, sicher und willkommen fühlen und die Erfahrung machen, dass sie das eigene Leben und ihre Umgebung aktiv gestalten können.
  • Wirklich alle zu erreichen, ist nie möglich. Durchaus möglich ist es, Zugangsbarrieren ernst zu nehmen, Verständnis für unterschiedliche Lebensrealitäten zu stärken und Ausschlüsse abzubauen. Das verstehen wir als stetigen Prozess – unsere Projekte geben dafür einen räumlichen Bezugspunkt.
2. Engagierte Nachbar*innen und Mieter*innen
  • Während der Entwicklungs- und Bauphase ist eine Hauptaufgabe unserer Projektteams, die Menschen aus dem Stadtteil kennenzulernen und sie zu ermutigen, ihre Ideen einzubringen oder sogar eine Gruppe zu gründen. Das kann zum Beispiel ein Sportkurs, Nähtreff, Lesekreis, eine Kochgruppe, Theatercrew oder das Angebot von Nachhilfestunden sein. Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt.
  • Wir erleben immer wieder, dass Mieter*innen einen großen Beitrag leisten. Gewerbemieter*innen engagieren sich zum Beispiel im Rahmen von Viertelsstunden für Aktivitäten in der Nachbarschaft. Nicht zuletzt engagieren sich Menschen für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Immobilie.
  • Bei einem gemeinnützigen Betrieb ist bei der Nutzung der Räume eines zu beachten: Solange der Betrieb der Gemeinwohlfläche gemeinnützig und ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb geführt wird, dürfen keine Einnahmen aus kurzfristigen Vermietungen entstehen, beispielsweise für einmalige Veranstaltungen.
3. Überschüsse für Gemeinwohlrendite
  • Wenn das Projekt im Betrieb voll vermietet ist, entstehen entsprechend dem Betriebskonzept Überschüsse. Sie sind deutlich geringer kalkuliert als die Rendite bei kommerziellen Immobilienentwicklungen, da zugleich die Mieten fair sein sollen.
  • Diese Überschüsse werden als direkte Gemeinwohlrendite im Stadtteil für gemeinnützige Aktivitäten zur Verfügung gestellt.
  • Das kann unterschiedliche Formen annehmen: Die Gemeinwohlrendite ermöglicht den Betrieb der Gemeinwohlflächen, inklusive Betriebskosten, Ausstattung, Technik und Internet. Weitere Anteile können gemeinnützige Projekte in der Nachbarschaft unterstützen, indem zum Beispiel Spielgeräte für ein Nachmittagsangebot angeschafft werden oder Farben für die Wandverschönerung im Stadtteil.
  • Eine Möglichkeit, über die Verwendung von Geld gemeinsam zu entscheiden, ist die Beratung und Abstimmung in einem Quartiersfonds.
  • In unseren Projekten hat sich gezeigt, dass sich die tatsächliche Höhe der Betriebskosten – und daher auch der Überschüsse – erst am Ende des ersten vollständigen Betriebsjahres herausstellt.
4. Organisation und Verwaltung
  • Der Betrieb der Gemeinwohlflächen bringt vielfältige Aufgaben mit sich.
  • Unserer Erfahrung nach geht es kaum ohne eine oder mehrere Personen, die alles im Blick haben und ansprechbar sind – zum Beispiel für die Raumbelegung, Einweisung in die Eigenheiten der Immobilien oder das Schlüsselmanagement.
  • Der Umfang der Arbeitszeit dieser Person(en) richtet sich nach Größe und Komplexität des Projektes und der zu koordinierenden Flächen. Wir haben in unseren Projekten die Erfahrung gemacht, dass etwa zwanzig Stunden pro Woche für diese Aufgaben realistisch sind.
  • In unseren Projekten haben wir dies im Betriebskonzept eingeplant: Die Gemeinwohlrendite wird zum Teil für die Anstellung von Personen genutzt, deren Aufgabenfelder Ehrenamtskoordination oder Community-Management sind.
  • Sofern eine gemeinnützige Trägerorganisation die Gemeinwohlfläche betreibt, ist diese Person von der Trägerorganisation angestellt. 

Gemeinwohlorientierte Immobilienprojekte ersetzen nicht Daseinsvorsorge

Gemeinwohlorientierte Immobilienprojekte leisten vieles, aber sie sind nicht für die Grundversorgung aller Bürger*innen mit existenziellen und notwendigen Gütern und Leistungen verantwortlich. Daseinsvorsorge ist eine staatliche Aufgabe, dazu gehört die Versorgung der Bevölkerung mit Energie, Wasser, Bildung, Kultur, Krankenhäusern, Friedhöfen, Sportstätten, Feuerwehr.

Gemeinwohlorientierte Immobilienprojekte erweitern diese Grundleistungen durch zusätzliche, ortsspezifische Angebote, eine inklusive Ausgestaltung und neue Verbindungen zwischen bestehenden Angeboten.

Ein großer Raum mit Spielgerät und Kindern
Kinder stehen mit Erwachsenen am Tisch und malen
Menschen sitzen in einem verdunkelten Raum und schauen einen Film auf einer Leinwand
Wirkung kann zum Beispiel in Filmen festgehalten werden (Foto: Simon Veith)

Wirkung dokumentieren

Für uns bedeuten gemeinwohlorientierte Stadtteilprojekte gemeinsame Lernprozesse. Pläne ändern sich und neue Ideen tauchen auf. Umso wichtiger ist es für uns, Prozesse und Erfahrungen gut zu dokumentieren.

Dafür haben sich neben Workshop-Dokumentationen aus unserer Sicht Fotos und Filme als Methode bewährt. Uns ist dabei bewusst, dass nur kleine Ausschnitte aus einem komplexen Prozess und Projekt festgehalten werden können – und dass diese Ausschnitte bewusst ausgewählt werden. Sie entstehen nicht zufällig. Wir schätzen an bildnerischen Methoden, dass sie Veränderungen sicht- und spürbar machen, persönliche Lebenswege begleiten und unterschiedliche Perspektiven aufzeigen.

Zudem arbeiten wir mit Universitäten, Forschungsinstituten und Forschenden zusammen, um weitere Methoden der Wirkungsbeschreibung und -analyse zu nutzen. Beispielsweise haben wir im Quartier Mirke in Wuppertal die Methode der Konstellationsanalyse kennengelernt. Der Stadtteil wird darin als System sozialer Interaktionen beschrieben. Die Grundlage bilden Gespräche mit Aktiven und Bewohner*innen.

Unsere Erfahrungen aus den Projekten halten wir detailliert in Publikationen wie der Buchreihe Gemeinwohl bauen fest. Im ersten Band „Transformation einer stillgelegten Textilfabrik“ erläutern die Autor*innen das Initialkapital-Prinzip. In Form eines Rundgangs über den BOB CAMPUS geben sie detaillierte Einblicke in den Umbau. So wird die Transformation vom Industrieareal zum offenen Ort der Stadtteilgesellschaft erfahrbar.

Außerdem nutzen wir Netzwerke – unter anderem auch die eigenen Kolleg*innen an den verschiedenen Projektstandorten –, um Gelerntes miteinander zu teilen und unsere Vorstellung von der Wirkung der Projekte weiterzuentwickeln. Andere berichteten uns von der praxisnah dokumentierten Methode Wirkungsbeobachtung des Social Design Lab der Hans Sauer Stiftung.

Auch ein Jahresbericht und der verpflichtende Tätigkeitsbericht können wertvolle Werkzeuge der Dokumentation sein. Sie bieten eine perfekte Gelegenheit, das Jahr noch einmal zu reflektieren und einen Überblick über die Finanzen zu behalten.

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Bestehende Projekte nach dem Initialkapital-Prinzip

Unsere Erfahrungen sind in praktischer Arbeit entstanden, indem wir Immobilienprojekte für chancengerechte Stadtteile gemeinsam mit vielen Mitmacher*innen umgesetzt haben. Seit 2014 realisiert die Montag Stiftung Urbane Räume jeweils mit lokalen, eigenständigen, gemeinnützigen Projektgesellschaften an mehreren Standorten Immobilienprojekte für mehr Gemeinwohl im Stadtteil. Weitere Projekte sind derzeit in Entwicklung.

In den Projekten zeigt sich, wie Gemeinwohlflächen aussehen können und wie die Gemeinwohlrendite wirken kann.

 

Ansicht der Samtweberei in Krefeld von der Ecke, ein Backsteingebäude. Im Vordergrund fahren zwei Menschen auf Fahrrädern vorbei, Autos parken auf der Straße.
Drohnenaufnahme von dem Park FreiFeld in Halle Freiimfelde. Ein Bolzplatz, viele Menschen, im Hintergrund die angrenzende Wohnbebauung, links im Bild die Bahnschienen.
Außenansicht der KoFabrik in Bochum, ein Backsteingebäude mit einem zweigeschossigen grauen Aufbau auf der linken Gebäudehälfte. Die Stühmeyerstraße im Vordergrund ist verkehrsberuhigt.
Der gelbe Aufzugturm vom BOB CAMPUS in Wuppertal-Oberbarmen und das Fabrikgebäude sind stark erleuchtet zu sehen.
EIn Toreingang in der Siemensstraße am Honsberg in Remscheid ist überbaut von Häusern. Das Eckhaus hat einen runden Turm.
Außenansicht der Wiesenwerke, Wiesenstraße 118 in Wuppertal. Zu sehen ist eine Gebäudefassade mit großen FEnsterflächen und der Hausnummer 118 im Giebel vor blauem Himmel.

Sonst noch praktisch